Fragenkatalog von der Fridays For Future Ortsgruppe Seligenstadt

Liebe Fridays For Future Ortsgruppe Seligenstadt,

lieben Dank für Eure Fragen. Wir haben versucht, so kompakt wie möglich zu antworten. Allerdings ist es bei der ein oder anderen Frage nicht mit ein oder zwei Sätzen getan. Wir möchten auch gerne auf unser Wahlprogramm hinweisen, falls Ihr weitere Informationen sucht, werdet Ihr hier Grüne Seligenstadt (gruene-seligenstadt.de) fündig.

1. Was beschäftigt Sie am meisten am Klimawandel?

Wir müssen uns dieser Herausforderung stellen. Wir sind sicher, dass diese akute Bedrohung unseres Planeten mittlerweile bei fast jedem angekommen ist. Allerdings reagieren Menschen sehr unterschiedlich darauf: manche verdrängen und leugnen den Klimawandel, andere nutzen die Angst als Motor für Veränderung. Uns beschäftigt vor allem, wie es gelingen kann, dass alle zusammenarbeiten.

2. Sehen Sie Seligenstadt als vom Klimawandel betroffen an?

Der Klimawandel ist ein globales Problem. Selbstverständlich sind wir in Seligenstadt davon betroffen.

3. Welche Maßnahmen werden Sie als erstes für echten Klimaschutz ergreifen?

Wir wollen das Klimaschutzkonzept fortschreiben, umsetzen und eine*n Klimaschutzmanager*in einstellen, der*die ämterübergreifend handelt. Wir möchten ein städtebauliches Konzept für mehr Grün entwickeln, unbedingt die Frischluftschneisen erhalten und Grünflächen schützen bzw. renaturieren/entsiegeln. Wir wollen den Anteil der erneuerbaren Energien ausbauen, öffentliche Gebäude energetisch sanieren und eine Energiegenossenschaft gründen.

4. Mit welchen Mitteln gestalten Sie den Westring nachhaltig?

Wir haben das Baugebiet südlich des Westrings, so wie es uns präsentiert wurde von Anfang an abgelehnt, da zu viel Ressourcen verschwendet, zu viel fruchtbarer Ackerboden versiegelt und zu viel Autoverkehr provoziert wird, ohne vorher genau den Bedarf festzulegen und die Möglichkeiten innerhalb der bestehenden Stadtgrenzen zu nutzen. Ein Wachstum von 10 % mehr Einwohnern ist aus unserer Sicht nicht nachhaltig.

Da das Projekt aber jetzt soweit fortgeschritten ist, dass eine Umkehr kaum mehr möglich wäre, werden wir versuchen, gegenzusteuern, sofern der/die Wähler*in uns dazu Gelegenheit gibt.  Eine Reduzierung des Baugebietes mindestens um die Fläche zwischen Obst- und Gartenbauverein und Bahnlinie halten wir für zwingend erforderlich. Denn zum einen ist das Biotop des Obst- und Gartenbauvereines sonst völlig isoliert und zum anderen wird die Einhaltung des neuen Insektenschutzgesetzes insbesondere im Hinblick auf die Lichtverschmutzung nahezu unmöglich. Weitere Schwerpunkte liegen für uns auf möglichst geringem Flächenverbrauch, einer Beachtung der Frischluftschneisen, einer ordentlichen, zukunftsweisenden ÖPNV- Anbindung, minimalem Autoverkehr, Car-sharing-Plätzen, vornehmlich Fußgänger und Radverkehr, Quartiersparkplätzen oder -tiefgaragen am Rand mit E-Lade-Stationen, obligaten PV-Anlagen und Dach- und Vertikalbegrünungen, um so großen öffentlichen, grünen Raum zur Begegnung und zur Selbstversorgung zu erreichen. Einen ökologischen Ausgleich muss es im Baugebiet und im Stadtgebiet geben – und nicht durch „Öko-Punkte-Ablasshandel“.

5. Inwiefern sind in der Planung die Schutzgüter ausreichend berücksichtigt?

Unserer Überzeugung nach sind die Schutzgüter in der aktuellen Planung kaum berücksichtigt, denn dieses Baugebiet wurde, mit wenigen Ausnahmen, geplant, wie in den 80er Jahren. Es finden sich nur minimale ökologische Ansätze in den Planungen, wie etwa die Begrünung von Flachdächern. Es soll erschreckend viel Fläche versiegelt werden, insbesondere für Verkehrsflächen.  Durch die Flächenversiegelung der Ackerflächen und Grünlandbereiche verliert der Bereich seine Fähigkeit zur Kaltluftproduktion. Das Gelände des Obst- und Gartenbauvereins soll zwar erhalten bleiben. Dieses Biotop liegt dann allerdings isoliert in einem Baugebiet. Die Wechselwirkung mit Tieren, Pflanzen und prinzipiell der biologischen Vielfalt sehen wir kritisch. Beispielsweise wurden sieben Fledermausarten und 15 Brutvogelarten im Gebiet nachgewiesen. 8 der Vogelarten befinden sich auf der Vorwarnliste der hessischen roten Liste. Dem Umweltbericht zum Bebauungsplan ist zu entnehmen, dass durch die Versiegelung und Überbauung mit dem Verlust der Wasserhaushaltsfunktionen (Rückhalt, Verdunstung von Niederschlagswasser, Versickerung und Grundwasserneubildung) zu rechnen ist. Vom Landschaftsbild gar nicht zu reden, mit diesem Baugebiet verändern wir die Kulturlandschaft, die geprägt ist von feuchtem Offenland, vereinzelten Streuobstbereichen und verlagern den Ortsrand nach Süden. 

6. Wie werden Sie Fahrradfahrer:innen und zu Fuß Gehende im Verkehr stärken?

Seligenstadt ist von der Größe und der Anlage her sehr gut für Fuß- und Radverkehr geeignet. Es gibt kaum einen Punkt in Seligenstadt, den man nicht von jedem anderen Punkt der Stadt zu Fuß in 20-30 min. erreichen kann. Für die Fußwege in Seligenstadt brauchen wir zunächst ein Konzept: Übergänge, Zebrastreifen, Ampelschaltungen, Unter- und Überführungen müssen verbessert und weiterentwickelt werde.  Ein Radverkehrskonzept gibt es schon, die Umsetzung steht noch aus. Gehweg- und Radwegparken muss abgeschafft werden, denn es gibt wenig Fußwege, auf dem zwei Menschen nebeneinander ungehindert gehen können, geschweige denn ein Rollstuhl oder ein Rollator durch passen. Die Altstadt soll zukünftig nur noch für die Anwohner und Lieferverkehr mit dem Auto erreichbar sein. Das gibt Fußgänger*innen und Radfahrenden mehr Raum. Wir fordern zudem eine Rad- und Fußgängerbrücke über den Main und wollen Leihfahrräderstellplätze und E-Ladestationen einrichten.

7. Wie stehen Sie zur Einstellung eine:r:s Klimaschutzmanager:in?

Die Forderung nach Einstellung eines*r Klimaschutzmanager*in resultiert aus unserer Initiative aus dem Jahr 2010, der Charta 100 Kommunen für Klimaschutz beizutreten, die zu diesem Zeitpunkt 55 Kommunen unterzeichnet hatten. Daraus folgte als Konsequenz das Klimaschutzkonzept im Jahr 2013. Die Einstellung eines*r Klimaschutzmanager*in wäre eine logische Folge daraus gewesen, wenn die Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes ernsthaft betrieben worden wäre. Im Wahlkampf 2016 haben die politischen Wettbewerber diese Maßnahme massiv kritisiert, bis heute ist diese Stelle nicht eingerichtet worden.
Kurz und knapp: Wir sehen die Einstellung eines Klimaschutzmanagers als essentiell an.

8. Können Sie sich dabei eine Zusammenarbeit mit den Nachbarkommunen vorstellen?

Das haben wir tatsächlich auch bereits erwogen, denken aber, dass diese Position zu wichtig ist. Nach unserer Auffassung ist Klimaschutz eine Grundsatzhaltung, der*die Klimaschutzmanager*in würde zu allen Problemstellungen und Fragen hinzugezogen.

9. Welche konstruktive Kritik haben Sie an uns?

Es ist wichtig, dass FFF die Lage hinsichtlich Klimawandel und Umweltzerstörung absolut korrekt darstellt und konsequent – auch mit gewaltfreiem zivilem Ungehorsam – vorgeht. Insbesondere die Dringlichkeit von Gegenmaßnahmen wird immer wieder zu Recht betont. Dass so viele junge Menschen mitmachen, hat auch bei vielen Älteren einiges bewirkt. Und genau das ist so wichtig, weil wir nur gemeinsam gegen den Klimawandel ankommen, macht weiter, bleibt kritisch und unabhängig.