Teil I – Frank Raupach
Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, verehrte Gäste.
Im Namen der Fraktion B90/Die Grünen danke ich zunächst allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung sowie der städtischen Betriebe für ihren unermüdlichen, täglichen Einsatz im vergangenen Jahr. Für die Zusammenstellung des aktuellen Haushalts gilt unser besonderer Dank Herrn Wich, stellvertretend für die gesamte Kämmerei.
Sehr geehrte Damen und Herren.
Leider leben wir weiter in unruhigen Zeiten. Die Pandemie scheint zwar langsam überwunden, die geopolitischen Spannungen dauern aber an. Der fürchterliche Angriff Putins auf die Ukraine stagniert im winterlichen Stellungskrieg, ein Ende ist nicht absehbar. Dazu gesellt sich aktuell noch die Eskalation im Nahost-Konflikt, die globale Unsicherheit wächst.
Die Inflation flaut langsam ab, die Energiekrise ist damit aber noch lange nicht überwunden, mit weitreichenden kommunalen Folgen, beispielsweise für die Erstellung eines Wärmekonzepts.
Das Jahr 2023 war das mit Abstand wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.
Wie zu erwarten war, dauert die Klimakrise nicht nur an, sie verschärft sich sogar von Jahr zu Jahr. In Hitzesommern, in denen es keine Abkühlung gibt, sind in ersten Linie Kinder, chronisch Kranke und ältere Menschen die Leidtragenden. Wir erleben durch die Trockenheit ein stetiges Absterben von Wald und Stadtbäumen, jeder Euro ist dort richtig investiert.
Und auch auf die Gefahr hin, dass Sie dieses „typisch Grüne Thema“ nervt – so wichtig ist es für unser aller Leben und unsere Ausrichtung in die Zukunft. Es war nämlich wieder ein Jahr, mit klimabedingten Extremereignissen weltweit, dass eigentlich den Allerletzten die Augen hätte öffnen müssen. Die Klimakrise ist durch ihre langanhaltende Dauer die mit Abstand größte Bedrohung der Menschheit, sowohl in ökologischer, politischer und gesellschaftlicher Hinsicht. Das betrifft uns selbst, aber insbesondere die kommenden Generationen, denen wir hier alle verpflichtet sind.
Es sind aber nicht nur die globalen Krisen, die Einfluss auf die Kommunalpolitik haben.
Ein angespannter Wohnungsmarkt, der Fachkräftemangel, die Bildungsmisere – und mit Blick auf Berlin auch die unklare Haushaltslage, sorgen für wachsende Zukunftsängste in allen Bevölkerungsteilen.
Das Urteil der Verfassungsrichter zur Schuldenbremse hat die Ampel-Regierung mit voller Wucht getroffen, etwaige Folgen sind noch nicht absehbar. Die Einstellung kommunaler Förderprogramme oder Kürzungen im sozialen Bereich sind aber keine Lösungen. In einer Zeit, in der die Schlangen an den Tafeln, auch in Seligenstadt, immer länger werden, darf unsere Antwort niemals weniger sein als Solidarität.
Denn die Kommunen sind das Herzstück unserer Demokratie. Die Menschen vor Ort dürfen nicht die Leidtragenden einer fehlgeleiteten Politik sein. Eine Schuldenbremse darf keine Investitionsbremse sein -und da beziehe ich mich nicht nur auf die Bundespolitik, ich meine ganz speziell auch das, was in kommunaler Verantwortung liegt.
Mutig und selbstbewusst Probleme angehen, positiv denken und handeln, Herausforderungen auch als Chance sehen, die Zukunft gestalten, zu investieren – nur so kann man Krisen bewältigen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, so – oder so ähnlich – hätten wir uns einmal wieder die Haushaltsrede unseres Bürgermeisters gewünscht – und wurden einmal mehr enttäuscht. Leidenschaftslos werden da Zahlen aneinandergereiht, Hauptsache der Haushalt ist halbwegs ausgeglichen und es werden keine Steuern erhöht.
Umwelt- und Klimaschutz erfahren nicht einmal mehr eine Erwähnung. Sie fördern weiterhin nur den motorisierten Verkehr, anstatt den Fuß- und Radverkehrs zu priorisieren. Sie verwalten weiterhin den Stillstand im Städtchen.
Dabei muss man konstatieren, dass der Bürgermeister schon über Jahre für solide Finanzen gesorgt hat, der Haushalt ist in der Regel ausgeglichen, wir kommen vorerst ohne Erhöhung der Grundsteuer aus – er ist eben ein wahrer Sparfuchs. Rücklagen bilden, für die laufenden Ausgaben des Haushalts, begrüßen wir dabei ausdrücklich.
Solide Finanzen sind aber auch eine Verpflichtung, Zukunftsinvestitionen zu tätigen und die sucht man im vorgelegten Entwurf vergebens.
CDU und FDP sehen sich gerne als Anwalt der Schuldenbremse.
Sie suggerieren, dass wir ohne die rigide Begrenzung neuer Kredite nachfolgenden Generationen einen Schuldenberg hinterlassen würden, an dem sie zugrunde gingen. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus: Die Schuldenbremse schadet den Jungen. Deshalb muss sie entschärft oder abgeschafft werden. Denn wenn Deutschland jetzt zu wenig in Klimaschutz investiert und nicht mit gutem Beispiel vorangeht, wird die Erderwärmung noch stärker und der Schaden damit noch größer. Das werden insbesondere die zukünftigen Generationen spüren – und bezahlen müssen.
Unsere Kinder werden auch darunter leiden, dass Deutschland an Wettbewerbsfähigkeit verliert, etwa weil wir nicht genügend in Zukunftstechnologien investieren. Oder weil wir zu wenig dafür zahlen, Kinder aus der Armut zu holen, die sonst als Erwachsene von Sozialleistungen leben. Neue Kredite haben also weniger Nachteile, als die Verfechter der Schuldenbremse glauben. Das sehen inzwischen auch die Mehrzahl der Wirtschaftsweisen oder relevanter Ökonomie-Experten so.
CDU und FDP halten sich lokal weiter an das, was in Ihrem Koalitionsvertrag steht – sie wollen Seligenstadt behutsam entwickeln.
Also langsam, vorsichtig und bedächtig, ja kein Risiko eingehen, Zukunftsinvestitionen Fehlanzeige.
Die Regierungszeit Ihrer Koalition ist nun zur Hälfte vorbei, da stellt sich uns die Frage:
Was haben Sie in der vergangenen Regierungszeit denn getan, an das sich die Bürgerinnen und Bürger auch erinnern können? Neben einigen Prüfanträgen, Konzeptionen, die dann jahrelang auf Umsetzung warten, wächst die Liste der unerledigten Beschlüsse ins Unermessliche. Wo übernehmen Sie Verantwortung für die nachfolgenden Generationen?
Es war jetzt das dritte Jahr für Sie als Koalition und wir fragen uns, was ist der Grund für Ihr Regieren mit angezogener Handbremse? Scheuen Sie die Verantwortung, sind Sie sich uneinig oder ist es einfach nur die pure Scheu, sich den wirklichen Herausforderungen zu stellen?
Während sich die Opposition in ihren Anträgen an den wichtigen Themen abarbeitet, beschäftigen Sie sich höchstens mit laufendem Verwaltungshandeln. Dazu ist es mittlerweile an der Tagesordnung, abgelehnte Anträge der Opposition flugs als eigene Ideen aufzugreifen, um sie dann „neu“ einzubringen.
So geschehen bei den Anträgen zum Radverkehrskonzept, zur Niederschlagswassersatzung oder zur Bildung eines Stadtelternbeirats.
Wir Seligenstädter Grüne stehen für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Politik. Die Ressourcen auf unserem Planeten sind endlich und wir können nur verbrauchen, was uns auch zur Verfügung steht. Das gilt ganz besonders für die Wasserversorgung in unserer Region. Bei den Diskussionen um die Wasserversorgung im geplanten Neubaugebiet Westring, wird weiterhin so getan, als müssten nur das RP Darmstadt und der ZWO zusätzliche Wasserrechte einräumen und das Problem sei erledigt. Dabei wurde vom ZWO unmissverständlich festgestellt, dass die geforderten Maßnahmen zur Einsparung von Trinkwasser im projektierten Neubaugebiet nicht umgesetzt wurden.
Die vergangenen Hitzesommer und der Bevölkerungszuwachs haben fortan die Situation noch verschärft, der Grundwasserspiegel sinkt permanent, wir können also nicht mehr unbegrenzt Wasser verbrauchen.
Nach nun mehreren Jahren des aktiven Ignorierens dieser Hinweise und sturer Uneinsichtigkeit, tun sie weiterhin überrascht, obwohl Ihnen das Wasser nun, im wahrsten Sinne des Wortes, bis zum Hals steht!
Wir Grüne wollten dieses Baugebiet nie und haben immer kritisiert, dass bei den Planungen, entgegen aller Vernunft, viel zu wenig Zukunftstechnologien berücksichtigt wurden. Es ist aber auch ausdrücklich nicht in unserem Interesse, dass dieses Projekt zum Millionengrab wird.
Mit unseren Anträgen zur Wasserversorgung haben wir Ihnen konstruktive Hilfestellungen gegeben, RP und ZWO entgegenzukommen. Bei entsprechender Umsetzung hätte die realistische Chance bestanden, an zusätzliche Wasserrechte zu gelangen. Aber Sie wissen es mal wieder besser, lehnen alle Anträge zur Wassereinsparung ab und setzten als letzten Strohhalm auf eine Zulieferung aus dem Hessischen Ried – und das kann dauern.
Vor allem die FDP sieht sich gerne als Hüterin eines ausgeglichenen Haushalts. Zur Wahrheit gehört aber, dass nicht nur in Berlin mit Schattenhaushalten gearbeitet wird.
Nein, auch wir in Seligenstadt bedienen uns diesem Modell. Unser Schattenhaushalt heißt „Westring“ und besteht in Form einer Bürgschaft von mittlerweile 15 Mio. Euro. Sollte dieses Projekt scheitern, ist es genau diese Summe, die unsere zukünftigen Haushalte massiv belasten würde.
Es ist ein schmaler Grat, auf dem sich der Sparfuchs gerade bewegt, im schlimmsten Falle mutiert er zum Pleitegeier.
Die Risiken, die in diesem Projekt stecken, halten unseren Bürgermeister und die gesamte Koalition allerdings nicht davon ab, das nächste millionenschwere Vorhaben massiv voranzutreiben. Wir sprechen vom Neubau einer städtischen Sporthalle. Im Gespräch ist die Planung einer Halle für knapp 30 Mio. €, aber dazu später mehr.
Bei aller Kritik möchte ich an dieser Stelle aber auch die zunehmend bessere Zusammenarbeit, innerhalb der Stadtverordnetenversammlung, positiv hervorheben. Eskalationen wurden weitestgehend vermieden, oftmals gab es konstruktive Zusammenarbeit, auch über Fraktionsgrenzen hinweg.
So wird jetzt eine lange gehegte Idee tatsächlich Realität. Die Rad- und Fußgängerbrücke über den Main. Auf gemeinsame Anregung von FWS und B90/Die Grünen, konnten im Zuge eines interfraktionellen Kreises, auch die anderen Fraktionen von dem Ansinnen überzeugt werden, um das Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Gelder für eine Machbarkeitsstudie sind im aktuellen Haushalt eingestellt. Die Gemeinde Karlstein beteiligt sich hälftig an den Kosten, zudem stehen umfangreiche Fördermittel zur Verfügung.
Das Thema Fähre wäre somit in absehbarer Zeit als „Verkehrsmittel“ entbehrlich, die Altstadt würde vom Kfz-Durchgangsverkehr entlastet, das alljährliche, erhebliche Defizit wäre Geschichte. Die Fähre sollte aber auch zukünftig zum Seligenstädter Stadtbild gehören. Sie könnte beispielweise als Tourismusattraktion oder besonderer Veranstaltungsort betrieben werden.
Mit Ernüchterung und großer Skepsis, haben wir das Erstarken von Antidemokraten, auch hier in Seligenstadt, zur Kenntnis nehmen müssen.
Durch eine gemeinsame Initiative aller Fraktionen ist es gelungen, ein Zeichen gegen Extremismus, Antisemitismus, Populismus und Rassismus zu setzen um sich damit entschieden gegen antidemokratische Strömungen zu stellen.
Das gleiche Engagement hätten wir uns allerdings auch als Antwort auf die unsäglichen Anti-Grünen-Banner eines Herrn Wolf gewünscht. Hier haben sich leider nur die Kolleg*innen der SPD mit einem öffentlichen Statement zu Wort gemeldet. Ein Blick ins benachbarte Hanau hat hier gezeigt, dass es auch anders geht.
Damit vorerst vielen Dank, ich übergebe hiermit das Wort an die zweite Hälfte der Doppelspitze.
Teil II – Silke Rückert
Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleg*innen,
auch mein Dank geht zunächst an Herrn Wich und an die gesamte Stadtverwaltung. Die gute und konstruktive Zusammenarbeit im zurückliegenden Jahr mit allen Beteiligten verdient besondere Anerkennung.
Sehr geehrte Damen und Herren.
Gerade in Krisenzeiten ist es notwendig zu investieren, insbesondere bei Klimaschutz und Infrastruktur möchten wir Grüne nicht sparen. Ich komme somit auf unsere Haushaltsanträge zu sprechen:
Gemäß den Informationen, des öffentlichen Vergabeportal beläuft sich die Kostenschätzung für den geplanten Hallenneubau der TGS auf knapp 30 Mio. € und liegt somit massiv über den ursprünglich anzunehmenden Baukosten. Diese Planung erscheint uns völlig überdimensioniert. Realistisch gesehen bedarf es keiner Doppelstock-Halle mit diversen Nebenräumen und zusätzlichen Parkplätzen, die sich an den Bedürfnissen eines Olympia-Stützpunktes in Frankfurt orientiert.
Wir haben hier in Seligenstadt für Sportangebote kein Raum-, sondern ein Belegungsproblem. Eine moderne, gut ausgestattete, den aktuellen Wettkampfbedingen entsprechende 3-Feld-Halle, würde den Anforderungen völlig genügen und wäre für etwa die Hälfte, der veranschlagten Kosten, zu haben. Zusätzliche Raumbedarfe könnten, ohne großen Aufwand, durch Optimierung der 3 Bürgerhäuser und des Hans-Memling-Hauses, befriedigt werden.
Sowohl eine neue Sport- und Wettkampfhalle als auch ein vollsaniertes Hans-Memling-Haus, wären mit dem vorhandenen Budget zu stemmen. Das gegeneinander ausspielen beider Projekte, lehnen wir entschieden ab.
Die Bürgerbefragung 2020 und die seitdem überaus erfolgreiche Nutzung des Erdgeschosses, sprechen eine deutliche Sprache. Das HMH ist ein Kulturzentrum für alle Bürger*innen. Eine weitere Sanierung sollte also ohne jeden Zeitverzug erfolgen. Wir fordern daher, die ursprünglich vorgesehenen Haushaltsmittel aus den Jahren 2023 und 2024, von jeweils 250.000 €, beizubehalten.
Da sich die Planungskosten der Sporthalle an den zu erwartenden Baukosten orientieren, reichen die ursprünglich veranschlagten Mittel von insgesamt 800.000 € vollkommen aus. Die übersteigenden 400.000 € sind daher zu streichen. Die dadurch eingesparten Gelder, dienen der Finanzierung unserer nachfolgenden Änderungsanträge:
Ein Dauerbrenner der letzten Jahre, ist das nicht vorhandene Personal im Rathaus. Die Personalführung und Raumplanung sind ungenügend, die Fluktuation und die Krankenquote überdurchschnittlich hoch. Das ist die Quittung dafür, dass man die Konsolidierung eines Haushaltes auf dem Rücken der Mitarbeiter*innen austrägt. Unsere Verwaltung ist lediglich in der Lage, das laufende Tagesgeschäft zu bewältigen. Ein zukunftsorientiertes Gestalten ist bei dieser Personaldecke gänzlich unmöglich. In Zeiten des Fachkräftemangels und knapper Kassen wird aber genau dieses Zukunftshandeln unverzichtbar. Arbeitsprozesse und Abläufe müssen auf ihre Effizienz analysiert werden, es ist zu prüfen wie viele Stellen tatsächlich gebraucht und welche Arbeitsabläufe optimiert werden können.
Wir beantragen, die ursprünglich für eine „nicht zielführende“ Raumanalyse eingestellten Mittel für eine Effizienzanalyse zu verwenden. Denn erst wenn feststeht, wieviel Personal tatsächlich gebraucht wird, kann eine effektive Raumplanung angegangen werden.
Wir leben in Zeiten von globalen Krisen und deren Bewältigung stellt uns vor immense Herausforderungen. Machen wir uns nichts vor: Die Flüchtlingszahlen werden hoch bleiben und sich bei einer fortschreitenden Klimakrise weiterhin verschärfen. Viele Kommunen sind an der Belastungsgrenze angelangt, dem wollen wir rechtzeitig mit
der Schaffung neuen Personals begegnen. Die drohenden Spannungen in der Stadtgesellschaft, sowie die Sicherstellung von Partizipation und Teilhabe von verschiedenen Bevölkerungsgruppen, erfordern die Schaffung einer Anlaufstelle für alle Bewohner*innen. Diese Stellen dienen der Stärkung des sozialen Miteinanders und koordinieren die Bedürfnisse aller Beteiligten. Kinder- und Jugendarbeit müssen viel stärker etabliert werden.
Bei allen Problemen darf eins nicht vergessen werden: Zuwanderung ist notwendig für die Behebung des Fachkräftemangels, für die Sicherung der Renten, zum Erhalt unseres Wohlstands. Integration und Spracherwerb sind die Voraussetzung, um alle Zugewanderten möglichst schnell in den Arbeitsmarkt, Schule und Kita zu integrieren.
Ein funktionierendes Ordnungsamt ist ein Herzstück der Verwaltung und Grundvoraussetzung für die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Wenn es aufgrund von Personalmangel seinen Aufgaben oft nicht nachkommen kann, ist dies ein ernstzunehmendes Problem. Die Auswirkungen haben wir in der jüngsten Vergangenheit hautnah erlebt. Eine chronische Unterbesetzung war die Regel, phasenweise war unser Ordnungsamt gar nicht besetzt. Auch an Wochenenden, mit entsprechenden Veranstaltungen in der Einhardstadt, hat man verzweifelt nach Ordnungshütern Ausschau gehalten. Die Unzufriedenheit darüber zeigt sich insbesondere in der Anwohnerschaft in und um die Altstadt.
Verbotswidriges Gehwegparken gehört in Seligenstadt leider schon seit Jahren zum gewohnten Bild. Solche Zustände sind nicht mehr zeitgemäß, ein entschiedenes Gegensteuern der Stadt ist dringend geboten, das belegen verschiedene Untersuchungen. Andere Kommunen machen es bereits vor.
Zur Kontrolle und Durchsetzung dieser notwendigen Maßnahmen benötigt das Ordnungsamt das entsprechende Personal.
Die Anzahl von Förderprogrammen ist vielfältig und steigt stetig. Daran wird sich auch in Zukunft wenig ändern, zahlreiche Mittel warten auf Abruf, z. b. für Verkehrsprojekte, Gebäudesanierung, Digitalisierung oder Photovoltaikausbau. Die Nutzung von Fördermitteln entlastet den Haushalt und somit auch unsere Bürgerinnen und Bürger. Das Recherchieren von Förderprogrammen, die genaue Durchleuchtung aller Bedingungen, die Begleitung der Programme, all das braucht personelle Kapazitäten. Das können unsere chronisch unterbesetzten Ämter nicht noch nebenbei bewerkstelligen.
Diesen Herausforderungen könnte sich die Stadt durch die Implementierung eines Fördermittelmanagements optimal stellen. Eine weitere Aufgabe wäre die Vernetzung mit allen Fachämtern, um geeignete Projekte mit Förderpotential zu identifizieren und umzusetzen. Auch hier bitten wir dem Beispiel von anderen Kommunen zu folgen, die eine solche Stelle bereits erfolgreich etabliert haben.
Das Klimaschutzkonzept, ursprünglich aus dem Jahr 2012, muss nach langen Jahren des Stillstands endlich mit Leben gefüllt und umgesetzt werden. Mit dem aktuell völlig überlasteten Umweltamt ist das unmöglich zu bewältigen. Die Stelle eines Energiemanagers würde durch den Bund bezuschusst. Somit ist es noch unverständlicher, dass sie keine Berücksichtigung in der aktuellen Fortschreibung von 2023 gefunden hat. Das zeigt einmal mehr den Stellenwert, den Umwelt- und Klimaschutz für diese Koalition haben.
Auf dem Weg zur Klimaneutralität, führt kein Weg an der e-Mobilität vorbei. Sie gewinnt immer mehr an Bedeutung, die Anzahl von E-Bikes und E-Autos steigt eklatant. Beim Ausbau der dafür notwendigen öffentlichen Ladeinfrastruktur, fällt den Kommunen eine Schlüsselrolle zu, denn nicht jede/r Bürger*in kommt in den Genuss einer eigenen Wallbox oder kann beim Arbeitgeber laden. Öffentliche Lademöglichkeiten haben somit direkten Einfluss auf die Kaufentscheidung. Die Attraktivität des Standortes Seligenstadt würde durch einen zeitgemäßen Ausbau der Ladeinfrastruktur gesteigert. Der Umstieg auf schnelle Ladestationen, mit einer Kapazität von mindestens 50 KW, würde dabei für erheblich kürzere Ladezeiten sorgen. Supermärkte oder Tankstellen könnten proaktiv von der Stadt angesprochen werden, sich an dieser Initiative zu beteiligen. Die Stadt könnte aber auch mit gutem Beispiel vorangehen, nämlich eigene Photovoltaikanlagen betreiben, um damit Lademöglichkeiten zu schaffen. Allen Bediensteten, könnte als Service angeboten werden, ihre E-Fahrzeuge und E-Bikes kostenlos zu laden.
Einwegverpackungen sind eine unnötige Ressourcenverschwendung, die mit Hilfe von Mehrwegangeboten leicht zu vermeiden wäre. Wir möchten im Rahmen der Wirtschaftsförderung das Mehrwegangebot in Seligenstadt erhöhen und fördern. Damit wollen wir die lokale Wirtschaft unterstützen und zugleich Mehrwegsysteme fördern.
Seit dem 1. Januar 2023 gilt die bundesweite Mehrwegangebotspflicht, kleinere Betriebe könnten freiwillig an den Maßnahmen zur Abfallvermeidung mitwirken. Als Anreiz würden wir das über einen befristeten Zeitraum gerne unterstützen. Weiterhin soll die Einführung einer kommunalen Steuer auf Einwegverpackungen geprüft werden.
Durch das Anbringen der Geschwindigkeitsanzeigetafeln, zwischen Riegelsbach und Zellhäuser Str., haben sich erfreulicherweise die doch erheblichen Überschreitungen deutlich verringert. Allerdings bewegen sich die Mehrzahl der Kraftfahrzeuge dort noch immer im ordnungswidrigen Bereich.
Als verkehrsberuhigende Maßnahme wurde von Seiten des Ordnungs- und Umweltamtes im genannten Bereich die Neumarkierung der Radfahrstreifen vorgeschlagen. Das erachten wir für sinnvoll und bitten dies umzusetzen. Somit würde wenigstens eine Maßnahme für den Radverkehr Einzug in den Haushalt finden.
Unsere Stadtbücherei ist aktuell lediglich an 9 Stunden pro Woche geöffnet. Das halten wir für zu wenig und nicht mehr zeitgemäß. Eine wöchentliche Öffnungszeit von mindestens 15 Stunden würde dem Anspruch einer Bildungs- und Kulturstadt gerecht. Für Seligenstädter Bürger*innen muss es mehr Möglichkeiten geben, dass umfangreiche Angebot zu nutzen.
Seit Jahren wird in der Stadtverordnetenversammlung über den Erhalt und den Ausbau von innerstädtischen Grünflächen diskutiert, passiert ist leider so gut wie nichts, Flächenversiegelung geht hier vor Stadtgrün.
Durch die Erstellung eines Konzepts für innerstädtische Grünflächen, soll eine gesamtheitliche Betrachtung ermöglicht werden. Hierbei sollen der Erhalt, Ausbau, Schutz, Vernetzung und qualitative Weiterentwicklung der Grünflächen im Fokus stehen. Innerstädtische Grün- und Freiflächen haben nachgewiesenermaßen positive Effekte auf Luftqualität, Stadtklima und Biodiversität. Sie dienen der Naherholung und sind nicht zuletzt ein wichtiger Wasserspeicher und Lebensraum für Tiere und Pflanzen.
Die Konfliktfelder Wohnungsbau, Naherholung und Naturschutz müssen gemeinsam betrachtet und sinnvoll miteinander in Einklang gebracht werden.
Ein Paradebeispiel, für die Wichtigkeit eines solchen Konzept, ist unser Bahnhof. Seit der Neugestaltung ist insbesondere der Bereich zwischen den Fahrradständern und Bushaltestellen, zu einem grauen, lieblosen Platz geworden. Grün sucht man hier vergeblich. Aber nicht nur ästhetisch ist dieser Ort kein Aushängeschild, die fortschreitende Klimakrise wird immer öfter zur Überhitzung in solchen Bereichen führen. In Anbetracht dieser absehbaren Herausforderungen, müssen Maßnahmen zur Begrünung, zum Erhalt der Artenvielfalt und der Klima Resilienz ergriffen werden. Die Verschattung von großen, versiegelten Bereichen, sowie baumlosen Straßen und Plätzen, ist ein probates Mittel, die Aufheizung abzumildern und die Bildung von Hitzeinseln zu reduzieren. Solche Begrünungslösungen sind nicht nur optisch ansprechend, sie fördern auch die schon angesprochene Artenvielfalt und Biodiversität.
Unsere Bürgerhäuser benötigen erhebliche Aufwendungen und unbestritten übernehmen sie eine wichtige Aufgabe des gesellschaftlichen Miteinanders. Allerdings arbeiten sie seit Jahren nicht kostendeckend und belasten den Haushalt schwer. Im neuesten Entwurf stehen den Einnahmen von 80.000 € Aufwendungen in Höhe von 800.000 € gegenüber. Diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache und zeigen den dringenden Handlungsbedarf auf. Um die Bürgerhäuser zukunftsfähig aufzustellen, bedarf es eines Konzeptes mit Entwicklungsmaßnahmen, um weitere Vermarktungs- und Nutzungsmöglichkeiten zu kreieren. Vielleicht wäre es dabei zielführend, sich an der vorbildlichen und dabei mehr als kostendeckenden Arbeit des Vereins „Freunde der Hans-Memling-Schule“ zu orientieren.
Zum Ende möchte ich noch kurz auf die Änderungsanträge von den anderen Fraktionen eingehen.
Den Anträgen der SPD-Fraktion können wir weitgehend folgen. Besondere Unterstützung finden die Anträge zur städtischen Wohnungsbaugesellschaft, Photovoltaik auf Rathaus und Feuerwehrhaus Froschhausen und zur Aufwertung „Platz der Freundschaft“. Den Antrag zur Gegenfinanzierung lehnen wir ab. Allein die Annahme von Mehreinnahmen halten wir für unseriös.
Den Anträgen der Freien Wähler können wir vollumfänglich zustimmen. Nach Rücksprache mit den Antragstellern, soll es bei der Instandsetzung des Weges an Bahnlinie zu keiner Versiegelung kommen. Das war uns wichtig und somit können wir auch diesem Antrag zustimmen.
Sehr geehrte Kolleg*innen: dieser vorliegende Haushalt mag solide finanziert sein. Es fehlt aber jegliche Vision, wie Seligenstadt in 10 Jahren aussehen könnte.
Wir sprechen diesem Haushaltsentwurf den politischen und nachhaltigen Gestaltungswillen ab und können dieser Vorlage daher nicht zustimmen.
Vielen Dank.
(es gilt das gesprochene Wort)